Ein Objektiv-Test in der Form, wie er in Fachzeitschriften präsentiert wird, ist immer dann interessant, wenn aktuell eine Neuanschaffung anliegt und sich Produkt A mit Produkt B im Bereich Anschaffungspreis und Leistungsvermögen im identischen oder vergleichbaren Rahmen bewegt. Aber welches Objektiv eignet sich wann, und wie genau ist die Abbildungsqualität, wenn verschiedenartige Objektive das Gleiche leisten sollen? Ein „Fototaschentest“ soll hier ein wenig Klärung bringen, wobei keine Fototaschen verglichen werden, sondern Objektive, die ein Fotoamateur normalerweise in seiner Tasche bzw. in seinem Besitz hat. Getestet wurde mit einer EOS 1000D und Kit-Objektiven von Canon, einer Festbrennweite, sowie einem Tamron Reisezoom, im Brennweitenbereich 50-55mm.
Belichtet mit 0,8 Sekunden und Blende 5,6, diente ein wirklichkeitsnahes Motiv mit veschiedenen Texturen. Das Testbild ist bewusst gewählt, denn die Auskunft darüber, wie sich die Abstände der beiden Primärmotive auf das Foto auswirken, spielen in der Praxis eine nicht unerhebliche Rolle, wenn Gruppenaufnahmen gemacht werden. Der Abstand zum Objektiv beträgt zum ersten Motivbereich (Gitarre) 150cm und 175 cm zum zweiten Bereich (Verstärker). Der gewählte Blendenwert sollte für ausreichend Tiefenschärfe sorgen. Ausserdem wurden alle Bilder einmal mit und ohne Autofokus aufgenommen, um eventuelle Fehler dieser Funktion gegenüber manueller Schärfeneinstellung zu negieren. Um einen besseren Gesamteindruck zu bekommen, wurde ausserdem ein Mix aus Tages- und Kunstlicht gewählt.

Der kleine Test sollte ermitteln, welches Objektiv bei der Standardbrennweite praxistaugliche Bilder hervorbringt. Vorab – die Ergebnisse waren nicht wirklich überraschend, denn wenn man die diversen Foto-Foren durcharbeitet, wird schnell klar, dass in Sachen Abbildungsgenauigkeit und Schärfe eine Festbrennweite nicht zu schlagen ist. Ausserdem konnte die Behauptung, dass Zoom-Objektive in ihren Grenzbereichen (kleinste/grösste Brennweite) Probleme mit der Schärfe bekommen, partitiell bestätigt werden. Lediglich das von Experten oft abschätzig als „Scherbe“ bezeichnete Reise-Zoom, schlug sich recht wacker und war im Ergebnis besser, als sein Ruf.

Erwartungen

Wie schon erwähnt, ist es kein Fachtest, denn hier werden definitiv Äpfel mit Birnen verglichen. Das Problem mit der hier eingesetzten Brennweite von 50/55mm, liegt in der Funktionsweise und Eigenschaften der Objektive. Bekanntermaßen arbeiten Zoom-Oblektive in ihren Anfangs- und Endbereichen der Brennweite eher ungenau und neigen zu Fehlern. Die benutzten 18-55mm und 55-250mm-Zoom von Canon arbeiten im Bereich 55mm an ihren Grenzen und deshalb waren die Erwartungen im Bereich Schärfe bei der gewählten Brennweite eher gedämpft. Das 18-200er Tamron sollte bei 55mm eigentlich alles im Griff haben und die Canon 50mm Festbrennweite bei optimalen Blendenwert (4-5,6) die Referenz stellen.

Die ersten beiden Fotos oben sind mit einer 50mm Festbrennweite und mit dem 18-55mm Canon Zoom aufgenommen. Die unteren Fotos sind mit einem Canon 55-250mm und einem Tamron 18-200mm gemacht. Die Bilder sind auf 1024er Auflösung und 60% der Originalgröße skaliert. Die unten abgebildeten Ausschnitts- vergrößerungen haben den Faktor 10 von der Originalbildgröße.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

… und Ergebnisse

Auf den ersten Blick bilden alle hier eingesetzten Oblektive überraschend gut ab.  Alle Testaufnahmen in Originalgröße sehen auf einem 30*40 Ausdruck recht ansprechend aus und könnten, wenn das Motiv ein wenig interessanter wäre, auch gerahmt an der Wand bestehen. Die Vergrößerungen im unteren Bildbereich sind Ausschnitte, die absichtlich ca. ein Drittel ausserhalb des eigentlichen Fokussierungsbereich (Fokkusierung auf den oberen Tonabnehmer) liegen. Schärfe auf dem Fokus ist ja selten ein Problem von Objektiven, aber die Unschärfe zu den Bildrändern hin unterscheidet schnell die Billiglinse vom Qualitätsprodukt.
Die beiden Canon Kit-Objektive machten hierbei ihre Sache überraschenderweise ganz gut, obwohl sie im Grenzbereich arbeiteten und nicht gerade zu den Top-Produkten des Herstellers gehören.

Unterschiede gibt es, auch das war zu erwarten, bei der unterschiedlichen Tiefenschärfe der einzelnen Objektive. Auch hier liegt die Festbrennweite vorne (gut zu erkennen an den Schaltern des Verstärkers), während die Zoom-Objektive etwas nachlassen, aber immer noch angesichts ihres eher niedrigen Preises erstaunlich gute Ergebnisse erzielen. Das Tamron Zoom bildet noch etwas besser ab, allerdings auch deshalb, weil es in dem für dieses Zoom-Oblektive günstigen mittleren Bereich (35-150mm) arbeitet.

Farbsäume an den Kanten waren auf Grund der Motiv- und Lichtwahl nicht zu erwarten, weshalb an dieser Stelle auch keine übergeordnete Aussage über die Gesamtqualität der Objektive möglich ist. Aber das war auch nicht Sinn dieser Auktion, denn die chromatische Aberration, Farbfehler an den Motivkanten, benötigt bei den unterschiedlichen Objektivarten, die benutzt wurden, echte Laborbedingungen, um ein aussagefähiges Ergebnis zu bekommen.

Trotzdem ist ein Fazit des Kurztest möglich, denn im Bereich 50-55mm arbeiten alle Objektive bezüglich ihrer Schärfe und Abbildungsqualität mehr als zufriedenstellend. Sicherlich kann man mit hochpreisigen Objektiven noch etwas mehr Detailschärfe, gerade oder auch in den Randbereichen, rauskitzeln, aber dann gilt, den Kosten/Nutzen Faktor genau im Auge zu behalten.
Ein Zoom-Objektiv im „vernünftigen Brennweitenbereich“ ausserhalb der Grenzwerte ist als Brot und Butter-Lösung immer eine gute Alternative; wer das Letzte aus einem Motiv rauskitzeln will, sollte zur Festbrennweite greifen. Die ist auch dann erste Wahl, wenn die Lichtverhältnisse grenzwertig sind, und die typische 3,5er Blende der Zooms nicht mehr ausreicht. Scharf sind sie alle – zumindest, wenn das Licht stimmt und die Anforderung im gutem Amateurbereich liegt. Eine weitere Erkenntnis brachte der, eher nebenher durchgeführte,  Vergleich AF/manuell. Der Unterschied in der Schärfe ist bei bewegungslosen Motiven zwischen AF und Manuell nicht sehr hoch und erst bei Ausschnittvergrößerungen von >300 Prozent sichtbar. Im hier getesteten Bereich von 50/55mm waren nur marginale Unterschiede zu erkennen. Das wiederum lässt darauf schließen, dass der Autofokus an aktuellen Objektiven seine Aufgabe erfreulich gut löst, wenn keine oder nur sehr geringe Bewegung ein Nachregeln überflüssig macht.

Informationen für Analog Umsteiger

Die Brennweite von 50mm entspricht, den Crop-Faktor von 1,6 bei Canon APS-C Sensoren mit eingerechnet, einer Brennweite von ca. 80mm in der Analogfotografie. Der Crop-Faktor ist abhängig vom Sensor-Typ, der in einer DSLR verbaut wurde.