Manche „Auftragsarbeiten“, die von Bekannten und Freunden gewünscht werden, erfordern einen gedanklich kompletten Neustart des Fotografen. Es ist schön zu wissen, dass die eigenen fotografischen Erzeugnisse im Bekanntenkreis nicht nur anerkannt, sondern auch bezahlt werden. Allerdings ist es wesentlich leichter, ein fertiges Bild zu verkaufen, als einen Auftrag zu realisieren. Man steckt ja nicht im Kopf des Auftragsgebers und kann nur erahnen, was er möchte und welche Gestaltung „sein Bild“ bekommen soll.
In diesem Fall sollte, weil er Musiker ist, eine Gitarre abgebildet werden. Am besten irgendwie mit Verstärker und rockig, aber nicht zu hart und eine gewisse Ruhe ausstrahlend. Das Ganze in 120 x 90 Größe. An solch äusserst präzisen Vorgaben sind schon ganz andere Kaliber von Fotografen gescheitert und auch ich stand tagelang vor dem Problem, wie ich seine Vorstellung visualisieren sollte.
Vom Internet war diesmal keine Hilfe zu erwarten. Jedenfalls nicht in Form eines Beispielbildes. Was sich aber immer klarer herauskristallisierte, war die Tatsache, dass mein ursprünglicher Gedanke, Gitarre und Verstärker komplett abzubilden, zwar zu einem tollen Produktfoto, aber nie und nimmer zu einem Art-Foto geführt hätte. Deshalb konzentrierte ich mich auf einen Teilbereich und testete einige Kompositionen durch. Nachdem das Motiv feststand, fehlte aber irgendetwas, was das Bild zu etwas Einzigartigem machte.
Die Lösung: die F-Löcher der Gitarre mit zwei Lichtertketten (keine LED´s, sondern normale Glühlampen) ausleuchten und mit darüberliegender Fensterfolie diffusieren. Mit dem Bilkdergebnis war der Auftraggeber höchst zufrieden und ich um einige Erfahrungen reicher, welche Arbeit ein recht einfaches Stillleben erzeugen kann. Trotzdem drücke ich mich seitdem um Auftragsarbeiten.
Jürgen Olejok / 2016