Über kaum ein anderes Foto-Thema findet man im Netz so viel Informationen wie über die Blitzfotografie. Eigentlich verwunderlich, denn das Blitzgerät soll ja lediglich Licht ins Dunkel bringen. Das machen die Blitzer auch meist, nur manchmal zu viel, zu wenig, unscharf oder auch gar nicht. Die Fehlerursache liegt in 99 Prozent der Fälle hinter der Kamera, denn auch wenn heutzutage die Kameraelektronik dem Nutzer schon viel Arbeit erspart, sind doch einige Kleinigkeiten zu beachten, damit das geblitzte Foto nicht zum Desaster wird. Hinzu kommt, dass die Auswahl an Blitzgeräten und ihrer Ausstattung nicht dazu beiträgt, ein einheitliches Ergebnis zu erzielen. Mit diesem Artikel sollen Fakten aus Mythen und Tatsachen aus Behauptungen gefiltert werden, damit auch der Einsteiger einen besseren Überblick darüber bekommt, was man für seine Blitzorgien braucht und auf was zu achten ist.
Wer braucht was und wofür?
Ein kurzer Blick auf den Seiten des Primus im Internethandel genügt, um festzustellen, dass es so viel an Aufsteckblitzen und Zubehör gibt, dass allein das Filtern von Angeboten zur Nachmittagsbeschäftigung wird. Von unter 30 € bis fast 500 € gibt es eine Unzahl von Geräten, die einen Blitz erzeugen können. Aber welchen benötigt der Fotoamateur und was möchte er hauptsächlich damit machen? Der Einfachheit halber können potentielle Blitzgerätekäufer in drei Gruppen eingeteilt werden:
– Der Gelegenheitsknipser, der einfach nur eine bessere Möglichkeit zum Ausleuchten eines Motivs haben möchte, als der interne Kamerablitz liefert.
– Der ambitionierte Fotoamateur, der nicht nur korrekt ausleuchten, sondern auch mit dem Blitzlicht experimentieren will
– Der bequeme Fotograf, der wirklich alles über sein zentrales Arbeitsgerät, der Kamera, steuern und einstellen möchte
Eine sehr vereinfachte Eingruppierung, aber dennoch ausreichend, wie man später feststellen wird, denn natürlich gibt es auch Überscheidungen zwischen den Gruppen. Diese sind aber nicht so relevant, dass man dafür eigene „Blitzklassen“ benötigen würde. Die Übergänge sind doch recht fließend, wenn man berücksichtigt, dass prinzipiell jede der drei Gruppen mit dem gleichen Blitzmodell zum Ziel kommen würde. Es ist, wie immer in der Fototechnik, auch eine Frage des Preises und der möglichen Einsatzszenarien, die letzendlich über die Anschaffung entscheiden.
Premium-Hersteller oder China-Kopie?
Dieses Thema ist heikel, sollte, oder besser, MUSS aber behandelt werden.
Leistungsfähigkeit, Funktionsvielfalt und Preis sind eng miteinander verbunden. Völlig losgelöst von dieser Tatsache ist anscheinend die Preisgestaltung der Premium-Hersteller von Blitzgeräten wie Canon und Nikon. Die Preise dieser Firmen für Blitzgeräte sind für das eingesetzte Material exorbitant hoch und bilden die Grundlage dafür, dass chinesische Zweit- und Drittproduzenten seit einigen Jahren in Europa einen fruchtbaren Absatzmarkt finden. Wer jetzt argumentiert, dass man bei der Preisgestaltung die enormen Entwicklungskosten eines Blitzgerätes einkalkulieren muß, der hat definitiv keine Ahnung, über was er da redet. Entwickelt im Sinne von Forschung, wurde im Bereich Blitzgeräte schon seit Jahren nichts mehr. Lediglich Software-Verbesserungen und, Überraschung, noch niedrigere Stückkosten durch höhere Integration der Bauteile, sind die einzigen Felder, für die „Entwickler“ noch gebraucht werden. Betrachtet man die Bauteile eines Blitzgerätes und rechnet die Fertigungskosten dazu, kommt man zum Beispiel bei einem Nikon SB-910 auf einen Preis von ca. 42 € ! Der Verkaufspreis in Deutschland beträgt etwas über 450 € !! Hier darf und muss die Frage erlaubt sein, was einen 10fach höheren Verkaufspreis rechtfertigt. Weil Nikon draufsteht?
Es ist für den potentiellen Blitznutzer durchaus legitim, sich bei solchen Preisgestaltungen nach Alternativen umzusehen. Und die gibt es, auch wenn sich schnell der Begriff „Plagiat“ breit macht. Klar, die chinesischen Billig-Hersteller haben den Blitz nicht neu erfunden und kopieren meist das Design erfolgreicher Marken-Hersteller. Das führt dazu, dass es Blitzgeräte gibt, die sich äußerlich kaum noch von den Marken-Blitzen unterscheiden, aber nur ein fünftel bis ein viertel des Preises kosten. Leisten sie exakt das Gleiche wie die bekannten Markengeräte? Klare Antwort: Nein! Leisten sie genug, um ausreichend und erfolgreich die Fotos zu belichten: Klare Antwort: Ja! Firmennamen wie YongNuo, Meike oder Neewer haben längst ihren Status als Exoten abgelegt und werden zunehmend sogar in der Profi-Fotografie erfolgreich eingesetzt. Die Geräte kosten einen Bruchteil der vergleichbaren Modelle der Premium-Hersteller und spielen selbst in Sachen Haltbarkeit, Verarbeitung und Haptik in der ersten Liga.
Damit kommen wir zu einem wichtigen Punkt, der in Foto-Fachforen zum Streiten animiert – die Zuverlässigkeit. Oft wird gerade die Haltbarkeit dieser China-Blitze bemängelt. Dazu ein (einfaches) Rechenbeispiel:Wenn ich von einem Premiumprodukt wegen des hohen Preises 100 Stück verkaufe und gleichzeitig der Billiganbieter 1000 Stück umsetzt, wird man zwangsläufig numerisch eine höhere Anzahl von Defekten beim Billiganbieter vorfinden. Prozentual gesehen entsprechen aber in dieser Rechnung lediglich zehn defekte Premium-Geräte einer Ausfallrate von 100 Geräten bei der Billigmarke. Statistisch gesehen gibt es dadurch mehr Berichte über defekte Billigblitzer. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Absatzzahlen wird die Sache schnell relativ. Im eigenen Fotoumfeld ist übrigens nicht ein einziger Fall bekannt, dass ein China-Blitz nicht so funktionierte, wie er sollte. Nicht mal nach Jahren im Gebrauch.
Eine weitere Unart der Internet-Diskussionskultur sind absichtliche Falschmeldungen über Billigblitze. Häufig liest man von Fällen, bei dem ein preiswerter China-Blitzer zum Defekt oder gar Totalausfall der Kamera führte. Die angeblichen Beweise werden dann bei YouTube gezeigt, wobei bei 99 Prozent der „Beweisfälle“ dem Fachmann schnell klar wird, dass hier noch das Eine oder Andere bei der Kamerabedienung bzw. dem Handling schief gelaufen ist. Warum nach einem Sturz der Kamera unbedingt der Blitz die Elektronik zerstört hat, wird wohl ewig ein Geheimnis des Besitzers bleiben.
Wegen der Vollständigkeit und zumindest einer rudimentären Objektivität dieses Artikels geschuldet, soll auch ein weiterer Punkt nicht unerwähnt bleiben. Im Bereich Kundenbetreuung und Reparaturabwicklung gibt es noch viel Verbesserungspotential bei den chinesischen Produzenten. Hier haben z. B. die Kamera-Hersteller wie Canon oder Nikon die Nase meilenweit vorn. Aus Erfahrung kann man durchaus behaupten, dass deren Kundenbetreuung vorbildlich ist und nicht einmal ansatzweise Anlass zur Kritik besteht.
Trotzdem ist der Faktor 10 eine Hausnummer, AUCH wenn man den guten Service mit berücksichtigt. Das ist auch der Grund, warum sich dieser Artikel in erster Linie auf die Produkte der chinesischen Hersteller bezieht. Sie funktionieren, so wie sie sollen und leisten das, was sie gekostet haben. Nicht immer gleichwertig zum Premium-Segment, aber mehr als ausreichend für jeden Fotoamateur.
Links: Der „Vater“ aller aktuellen YongNuo-China-Blitzer, der YN560, rechts der Nachfolger Mark II. Gleiches Bedienpanel, aber mit Display. Wesentlich einfacher zu bedienen und übersichtlicher. Aber nicht nur die Rückwand wurde überarbeitet. Auch die Empfindlichkeit der Slave-Modi wurde verbessert, so dass der Mark II wesentlich präziser seiner Arbeit als Sklave nachkommt. Über Funkauslöser arbeiten beide gleich gut. Beide Blitze haben schon so einige (Ab)Stürze hinter sich und arbeiten immer noch zuverlässig. Das spricht in erster Linie für den Hersteller.
Datendschungel
Technische Daten sind gut und nützlich, denn sie bieten einen direkten Vergleich zwischen zwei oder mehreren Produkten und erleichtern die Kaufentscheidung. Allerdings gibt es eine Einschränkung – die Daten müssen auf genormten Werten basieren und sollten sich auf die tatsächlichen Nutzung beziehen. Als Beispiel soll hier die Leitzahl (LZ) eines Blitzgerätes dienen, denn sie ist, ähnlich wie die Anzahl der Megapixel bei Kamerasensoren, ein gern benutzter, weil griffiger Wert für die Leitungsfähigkeit bei Blitzgeräten. Aber ist diese Leitzahlangabe wirklich aussagekräftig? Eine nähere Betrachtung und ein wenig Recherche bringen folgendes ans Tageslicht:
– Die Vorgaben für die Leitzahl LZ sind NICHT standardisiert.
– Sie berücksichtigen immer noch die Empfindlichkeit von chemischen Filmmaterial (ISO 100).
– Die effektive Leitzahl ändert sich bei beweglichen Reflektoren und der Einstellung der vorgewählten Blitzintensität.
– Die Hersteller geben die Leitzahl unter Berücksichtigung von weißen (reflektierenden) Wänden innerhalb eines Raumes an.
– Immer höhere ISO-Werte der Kamerahersteller erhöhen die Reichweite von Blitzgeräten beträchtlich.
Was also kann die Leitzahl mitteilen? Die maximale Leuchtweite bei 105mm Brennweite und 23 Grad Blinkwinkel auf chemischen Film? Schön zu wissen, aber kaum verwertbar, wenn man mit unterschiedlichen Sensorgrößen und Sensortypen fotografiert. Und was ist mit neueren Blitzgeräten, die ihre Reflektoren bis 180mm ausfahren können? Wie sind diese Berechnungen ausgeführt worden? Und wie verändern sich die Daten zwischen DX und FX-Sensoren?
Rechts: der YongNuo YN560 hat eine „offizielle“ Leitzahl von 58. Mit hoher Wahrscheinlichkeit tendiert er eher 2 Blendenstufen darunter und bewegt sich irgendwo im Bereich 44 -50. Aber selbst das reicht vollkommen aus, um auch bei Entfernungen von mehr als 8 Metern (Blende 5,6 / ISO 100) ausreichend zu belichten. Über acht Meter wird es sowieso spannend, denn dann wird die Einstellung des Blitz-Setup zur Geduldsprobe.
Die Leitzahl eignet sich also nur sehr eingeschränkt, um zwischen Produkt A und Produkt B auszuwählen. Aber es gibt ja noch mehr Daten, die verglichen werden können, wie z. B. die Ladezeit bis zum nächsten Blitz.
Auch bei diesem Thema wird es keine standariesierte Messmethode geben. Akku oder Batterien, nach dem ersten oder dem zehnten Blitz gemessen, bei warmen oder kaltem Wetter? Hört sich lustig an? Ist es aber gar nicht, denn diese Angaben sind unter Laborbedingungen ermittelt worden und das heißt: für den Hersteller die günstigsten Bedingungen! Aber Fotografen sind ja selbst schuld, wenn sie unbedingt bei Eiseskälte auch noch Blitzlichtbilder machen wollen.
Bleibt die Anzahl der möglichen Blitze mit einem Batteriesatz, denn es ist schön zu wissen, wie lange der Blitz arbeitet, wenn der Batteriesatz neu eingelegt wurde. Dazu erhält man bei vielen Herstellern die Angabe: zwischen 100-1200 Auslösungen mit Alkalibatterien! Sehr präzise und hilfreich!
Egal, was als Vergleichskriterium im Bereich Leistungsdaten benutzt wird – man vergleicht, weil es keine einheitlichen Vorgaben gibt, letztendlich Äpfel mit Birnen. Auf die logische Frage, auf was man sich denn sonst bei der Auswahl konzentrieren sollte, gibt es tatsächlich noch Bereiche, in denen sich Produktunterschiede finden lassen. Sogar sehr wichtige.
Nützlich und gut
Eine der wichtigsten Eigenschaften bei einem Blitzgerät ist der eingebauter Hitzeschutz. Es gibt immer noch Anbieter, die auf diese Funktion aus Kostengründen verzichten. Völlig unverständlich, denn mit wenigen Cent-Bauteilen verlängert sich die Lebensdauer eines Blitzgerätes beträchtlich, wenn der Schutz ordnungsgemäß funktioniert. Bei allen hier im Artikel vorgestellten Geräten ist ein Schutz vorhanden und… er funktioniert!
Ein aktueller Blitz sollte mit einen Zoom-Reflektor ausgerüstet sein, der im Bereich der meist benutzten Brennweiten nachregelt. 14mm für Weitwinkel und 105mm für Tele sind ein guter Bereich, um eine gute Ausleutung zu erhalten. Zwar werben mittlerweile viele Anbiter mit Zoombereichen von bis zu 180mm, aber einige praxisnahe Aufnahmen haben bewiesen, dass kein sichtbarer Unterschied zu erkennen ist.
Wenn man später kreativ mit einem Blitz arbeiten und ihn eventuell auch in einem entfesselten Blitz-Setup nutzen möchte, sollte er folgende Modi besitzen: M, S1, S2 und Stroboskop. Damit lassen sich eine Vielzahl von Beleuchtungseffekte erzielen.
Blitzkontrolle über mindestens 8 primäre Stufen (1/128 – 1/1) und ergänzt durch Zwischenstufen (1/3 – 1/5 – 1/7). Das reicht in der Regel aus, um auf jede Situation beim blitzen die optimale Belichtung zu erhalten.
Hat der der Blitz diese Eigenschaften, bleiben nur noch sekundäre Ausstattungsmerkmale übrig, die aber individuell nach Einsatzzweck zu bewerten sind. Ein Anschluß für eine externe Stromversorgung ist nützlich, aber nicht zwingend notwendig, wenn man den Blitz nicht in einem Studio einsetzt. Ob man eine PC-Buchse am Blitz benötigt ist ebenfalls eine Frage der Nutzung.
Einsatzzweck
Wie beim Kauf einer Kamera oder eines Objektives, bestimmt der Einsatzzweck die Leistungsfähigkeit eines Blitzes. Was brauche ich um was zu erreichen. Aber wichtig ist auch – wie gut kenne ich mich im Umgang und der Einstellung von Blitzgeräten aus. Eine nicht zu vernachlässigende Frage, denn möchte ich mich mit dem Thema an sich gar nicht beschäftigen, sondern lediglich eine Lösung, um bei wenig Licht präzise zu belichten, benötigt man einen Blitz, der einem so viel wie möglich an Arbeit abnimmt. Hier kommen die Systemblitze in Frage, die es für jeden Kamera-Hersteller gibt. Mittlerweile gibt es in diesem Segment ebenfalls eine reichhaltige Auswahl chinesischer Zweithersteller, so dass man für etwas mehr als 100 € einen brauchbaren Blitzer bekommt. Und Systemblitze können sogar noch wesentlich mehr, aber dazu in einem späteren Absatz.
Wer eher mit Kompositionen oder Lichteffekten experimentieren möchte, braucht nicht zwangsläufig einen Systemblitz. Hier reicht auch ein gutes, manuell zu bedienendes Gerät vollkommen aus. Die Möglichkeiten der Lichtmanipulation sind durch den schwenk- und neigbaren Blitzkopf gegeben, die Einstellung der Lichtintensität sowie ein regelbarer Reflektor ergänzen die Steuerungsvarianten bei solch einem Blitz. Für ca. 50 € ist man z. B. mit einem YongNuo 560 II mit dabei. Hinzu kommt der Lerneffekt beim blitzen, denn nur wer weiß, wie alle Parameter einer Blitzaufnahme ineinandergreifen, kann schnell das perfekte Setup für „seine“ Lichtkomposition einrichten. Jede bekannte Markenkamera kann einen modernen, manuellen Blitz über den Mittenkontakt ansteuern. Lediglich die Blitzsynchronzeit in der Kamera muß eingestellt sein. Nicht immer die besten, aber doch oft atemberaubend schöne Fotos erreicht man, wenn auch die Blende manuell eingestellt und „angepasst“ wird.
Rechts: Sieht abenteuerlich aus, funktioniert aber zuverlässig in einem größeren Blitz-Setup mit mehr als drei Blitzgeräten – kaskadierte Blitzauslöser. Unten der i-TTL-fähige Meike RC-10, darüber der betagte PT-04TM. Ein Beispiel dafür, dass man alte Technik nicht gleich beim kleinsten Anlaß entsorgen muß. Auch werden so aus 4 Gruppen gleich 8, denn die Frequenzen der beiden Auslöser sind unterschiedlich. Frei nach einem schwedischen Möbelhaus: Entdecke die Möglichkeiten.
Manuelle Blitzgeräte lassen sich auch komfortabel in einem entfesselten (nicht physikalisch verbunden) Setup mit mehreren Blitzen einbauen. Egal, ob über Masterblitz oder Funkempfänger ausgelöst, sind sie eine preiswerte Variante, um neue Fotobereiche auszutesten und eigene Licht-Styles zu komponieren.
Systemblitz – eine eierlegende Wollmichsau
Wie schon erwähnt, benötigen Systemblitze (auch als TTL-Blitz bezeichnet) eine wesentlich höhere Ausstattung als manuelle Blitzgeräte. Eine umfangreiche Software, die eine Zusammenarbeit mit der Kamera erleichtert, sowie erweiterte Steuerfunktionen sorgen aber auch für einen deutlichen Preisunterschied bei der Anschaffung.
Während der Blitzkopf fast identisch mit denen der manuellen Fraktion ist, ist die eingebaute Elektronik wesentlich umfangreicher. Für eine schnelle Kontrolle, welche Art von Blitz man gerade in der Hand hat, genügt ein kurzer Blick auf den Blitzschuh. Systemblitze besitzen neben dem Mittenkontakt noch weitere Kontaktflächen zur Kamera, um die erweiterte Kommunikation zwischen Kamera. und Blitzelektronik zu gewährleisten.
Links: Ein wenig mehr Technik – während der manuelle Blitzer lediglich den Mittenkontakt besitzt, sieht man am Systemblitz die zusätzlichen Kontaktflächen. Über diese Datenkontakte empfängt der Blitz die TTL-Vorgaben der Kamera und regelt somit die erforderliche Stärke des Blitzes und den Zoom-Bereich des Reflektors.
Herzstück der Systemblitze ist das TTL-Mess-System (TTL= Through The Lens), bei der die Kamera kurz vorher Blitzimpulse auslöst, um über das Objektiv die Daten für optimale Ausleuchtung zu bestimmen und an das Blitzgerät weiterzugeben. Die für eine korrekte Aufnahme notwendige Werte der Blitzintensität wird über einen Datenkanal dynamisch, je nach Änderung der Blende oder der Entfernung zum Motiv, von der Kamera zum Blitzgerät weitergeleitet. Dadurch entfallen weitere Einstellungen am Blitzgerät selbst.
Wie bei der korrekten Belichtung mit natürlichem Licht, ermittelt der Aufnahme-Elektronik der Kamera die benötigte Lichtmenge des Blitzes durch das Objektiv mit den vorliegenden Parametern wie Blende und Verschlusszeit und regelt sie, ohne das der Fotograf darauf Einfluss nehmen muss. Selbst das Abkippen des Blitzkopfes gegen Decke oder Wände (indirektes Blitzen) oder dass Herausziehen der Reflektorscheibe werden bei der Messung berücksichtigt und durch die Automatik kompensiert. Ergebnis: das Foto ist korrekt belichtet.
Will man abseits der meist perfekten Bildergebnisse eigene Ideen einbringen, kann selbstverständlich jeder Systemblitz mit einem Tastendruck zu einem manuellen Blitz umfunktioniert werden. Mode-Taste auf M gestellt und schon sind den Manipulationsmöglichkeiten Tür und Tor geöffnet. Ein Systemblitz kann mehr, muss es aber nicht zwangsläufig. Wenn Individualität und Lichtkompositionen gefragt sind, heißt es bei Systemblitzen aber: TTL-Modus aus!
Links: Die Anzeige sowie die Informationen darauf sind beim Systemblitz schon ein wenig umfangreicher (hier der Meike MK-910). Ganz praktisch: Es werden auch immer die aktuelle Blende, ISO-Wert und, bei Zoom-Objektiven, die eingestellte Brennweite eingeblendet. Wer hauptsächlich ohne Dateneinblendung auf dem Kontrollmonitor arbeitet, z. B. mit Live-View, spart sich den Blick auf das Schulter-Display der Kamera. Angenehm, wenn die Kamera auf einem Stativ sitzt, dass über Kopfhöhe eingestellt ist.
Natürlich erleichtern die eingebauten Funktionen den Umgang mit einem Blitzgerät, da eine korrekte Belichtung des Fotos fast hundertprozentig funktioniert. Auf die obligatorische Testaufnahme kann durchaus auch verzichtet werden und die Kamera ist schneller für Aufnahmen bereit. Viel wichtiger sind aber allerdings die weiteren Annehmlichkeiten, die gerade beim entfesselten Blitzen über ein TTL-System zur Verfügung stehen.
Die richtigen Funkauslöser (TTL-fähig) vorausgesetzt, kann man z. B. die Blitzleistung und den Zoom-Reflektor von weiter entfernt platzierten Blitzgeräten bequem von der Kamera aus steuern und somit unterschiedlichste Beleuchtungseffekte schaffen, ohne an jedem Blitzgerät die Einstellungen manuell vorzunehmen.
Mittlerweile sind auch Blitzgeräte auf dem Markt, z. B. der YongNuo 568EX, die Herstellerübergreifend gleichzeitig sowohl mit dem Canon-System, als auch mit Nikon Kameras, die unterschiedliche TTL-Systeme besitzen, einwandfrei zusammenarbeiten. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil, wenn man mit beiden Systemen arbeiten möchte oder muß.
Rechts: Kann beide Welten bedienen – der YongNuo YN568EX. Neben i-TTL (Nikon) kann er auch e-TTL (Canon) und nimmt damit eine Ausnahmestellung bei den Blitzgeräten ein. Für etwas über 100 € ein echter Faustpfand bei Fotoshootings, denn erstaunte Blicke sind einem sicher, wenn man als Nikonianer mal eben einem Canon-User aus der Patsche helfen kann. HSS kann er noch nicht, aber das soll in der Mark II- Version ebenfalls eingebaut sein. Spätestens dann ist er das „Schweizer Messer“ für Fotoamateure.
HSS
Noch ein wenig teurer wird die Anschaffung, wenn das Blitzgerät auch HSS (High-Speed-Shutter) beherrschen soll. Hierbei kann der Blitz mit weitaus kürzeren Verschlusszeiten arbeiten, als die Synchronisationszeit hergibt. Bis 1/8000 Sekunde ist hierbei mittlerweile Standard. Bei HSS ist aber zu beachten, dass die Blitzleistung stark reduziert wird und nur noch ca. ein Sechszehntel der Maximalleitung zur Verfügung steht. Ob und wie HSS benutzt wird, ist wiederum eine Frage der Anwendung und bei der Anschaffung eines Blitzgerätes sollte darüber nachgedacht werden, ob man diese Funktion wirklich benötigt.
Die in vielen Videos oftmals benutzte HSS-Funktion bei sogenannten Tropfen-Aufnahmen wird teilweise arg überschätzt. Auch bei diesen Aufnahmen spielt Erfahrung und das richtiges Equipment für diese Art der Fotografie eine wichtigere Rolle, als die HSS-Fähigkeit des Blitzes. Besitzt der Aufsteckblitz die Fähigkeit dieser Kurzzeitsynchronisation, ist es natürlich kein Manko. Mittlerweile (Stand 2016) bewegt sich die Preisdifferenz zwischen TTL-Blitzen mit und ohne HSS bei ca. 20 Euro, also in einem Bereich, der die Anschaffung erschwinglich macht und nicht wesentlich das Budget eines Fotoamateurs belastet.
Blitzen lernen
So perfekt TTL-Blitze auch das Foto belichten – lernen kann man dabei nichts. Zu viele Parameter und Einstellungen sind automatisiert und wenn man besondere Blitzeffekte nutzen möchte, wird die Automatik zum Hemmschuh der Kreativität. Dabei ist kreatives Blitzen prinzipiell noch nie so leicht gewesen, wie bei digitalen Kameras. Die Aufnahme kann kurze Zeit später schon kontrolliert werden und das Ergebnis landet entweder im virtuellen Papierkorb oder bleibt, weil gelungen, auf der Speicherkarte. Man kann testen, bis der Akku aufgibt und selbst ungewöhnliche Blitzkompositionen führen manchmal zu einem sehenswerten Ergebnis. Das alles geschieht dann im manuellen Modus eines Blitzgerätes.
Wer noch Erfahrungen aus der Analog-Fotografie besitzt, ist beim Thema manuelles blitzen klar im Vorteil. Früher war es nicht möglich, nach der Blitzaufnahme das Ergebnis zu kontrollieren und Blitzeinstellungen mussten mühsam gesammelt und für jede Situation dokumentiert werden. Erfahrungswerte wurden zu heiß gehandelten Informationen, die die potentielle Ausbeute eines 36er Films enorm erhöhte.
Heute ist die nutzbare Bildausbeute nur noch durch die Größe der Speicherkarte und der Ausdauer der Akkus/Batterien begrenzt. Alles andere kann und darf man ohne weitere Kosten ausprobieren. Das manuelle Blitzen ist und bleibt die Königsdisziplin eines Fotografen, denn wer hier seine Erfahrungen gesammelt hat und diese auch bei zukünftigen Setups nutzt, spart Zeit und erhält Ergebnisse, die sich in Sachen Bildkomposition extrem von den Fotos der TTL-Knipser unterscheiden. Back to the roots lautet die deshalb Devise des nächsten Abschnitts
Bedienung
Neben der technischen Leistungsfähigkeit eines Blitzgerätes, erlangt die leichte und intuitive Bedienung immer mehr an Bedeutung. Selbst die Billigblitzer aus Fernost sind mittlerweile mit Funktionen vollgestopft, die eigentlich das Blitzen einfacher gestalten sollen, es aber eher erschweren. Jede Taste EINE Funktion lautet die Regel für einfache Bedienung eines jeden Gerätes. Leider ist der inflationäre Einbau von Funktionen ein natürlicher Feind dieser Regel und so wird in Zukunft selbst die Bedienung eines Blitzes zur abendfüllenden Beschäftigung mit einem Handbuch. Und das auch noch meist in Englisch. Schlimmer ist aber, dass viele Funktionen so versteckt sind, dass man sie nach drei Wochen Fotoabstinenz niemals wieder findet – zumindest nicht ohne Handbuch. Deshalb sollte bei der Anschaffung die Bedienbarkeit ein sehr wichtiges Auswahlkriterium sein, denn ein Blitz, mit dem man nicht umgehen kann, ist ein nutzloser Blitz.
Was macht ein manueller Blitz, der lediglich einen Kontakt in der Mitte des Blitzschuhs besitzt? Richtig, er wartet auf einen Impuls. Dieser sollte aber zur richtigen Zeit kommen und nicht gerade, wenn der Kameraverschluss gerade öffnet oder schließt. Dazu muss der Blitz zeitgleich mit der Kamera auslösen – man spricht von der Synchronisationszeit. Diese kann in jedem Kameramenü einer DSLR, egal welcher Hersteller, eingestellt werden. Üblich sind hier Zeiten zwischen 1/60 und 1/250 Sekunde. Nachdem man sich auf eine Blitzsynchronzeit festgelegt hat, ist es unbedingt notwendig, auch in der Kamera diese Belichtungszeit einzustellen. Unterschiedliche Zeiten erzeugen eine Abschattung eines Teilbereichs der Aufnahme. Um die Möglichkeiten eines manuellen Blitzes komplett auszuschöpfen, sollte man grundsätzlich auch im manuellen Modus der Kamera arbeiten. Die Verschlusszeit ist vorgegeben, aber mit der Blende kann man durchaus arbeiten. Auch die Einstellung des ISO-Wertes sollte fest eingestellt sein, denn Auto-ISO kann zu eigenartigen Ergebnissen führen und erweitert die Fehlersuche bzw. die Korrektur erheblich. Ist alles eingestellt, kann es losgehen….
M-Mode
… aber nicht sofort, denn der Blitz hat auch einige Einstellungsmöglichkeiten, die vorab schon festgelegt werden können. Erst einmal: Blitz aufstecken, einschalten und den M-Mode wählen. Je nach Entfernung des Motivs und des benutzten Objektives kann man die Blitzintensivität und den Reflektor erst einmal auf seine persönliche Default-Werte (Erfahrungswerte) einstellen. Mit 1/16 bei direktem Blitz oder 1/8 bei indirekter Ausleuchtung und 50mm Zoom hat man schon einmal einen Richtwert, mit dem man ein Ergebnis auf dem Kontrollmonitor sehen kann. Danach heißt es: ausprobieren. Die Erfahrung zeigt, dass nur wenige Versuche notwendig sind, um ein gutes bis sehr gutes Foto zu erhalten. Mit der Zeit werden die „Testblitze“ immer weniger und man hat sein Blitzgerät im Griff.
Danach gilt es, wenn in der Kamera vorhanden, mit verschiedenen Synchronisationszeiten weiter zu experimentieren.
Irgendwann kommt aber der Zeitpunkt, an dem alle Variationen AUF der Kamera durchgeführt worden sind. Dann ist es an der Zeit, den Blitz zum Sklaven zu machen und entfesselt zu blitzen.
Entfesselt blitzen
Selbst die günstigen China-Modelle um 45 Euro können auch entfesselt blitzen, das heißt, sie sind nicht mehr mechanisch oder durch ein Kabel mit der Kamera verbunden. Der Blitz kann irgendwo im Raum positioniert werden und wird über einen zweiten Blitz oder einen Funkempfänger ausgelöst.
Die einfachste Art ist dabei die Auslösung über einen Masterblitz, der in vielen Fällen auch der interne Kamera-Blitz sein kann. Wichtig dabei ist, dass der Blitz auch als Master konfiguriert werden kann, ohne dass er dabei das Foto mit belichtet. Liest sich jetzt kompliziert, ist es aber nicht. Zwar sendet im Master-Modus der Kamera-Blitz tatsächlich Licht aus, aber er liegt außerhalb der Synchronisationszeit. Ob die vorhandene Kamera diesen Modus besitzt und wie man ihn einstellt, findet man in der Kamerabeschreibung oder in zahlreichen Videos bei YouTube. Im schlimmsten Fall blitzt der Kamerablitz mit niedrigster Kraft halt mit; für die Hauptbelichtung sorgt der entfesselte Blitz.
S-Mode
Um in diesem Modus zu blitzen, muß das Blitzgerät in den Slave-Modus gestellt werden. Ein kurzer Druck auf die Mode-Taste reicht dafür normalerweise aus. Bei vielen Geräten findet man zwei unterschiedliche Modi – S1 und S2. Der Unterschied zwischen den Modi besteht darin, dass im S1-Modus auf jegliche Art von Blitz reagiert und im S2-Modus ein eventuell ausgelöster Vorblitz ignoriert wird.
Blitzgeräte aus den Produktionsjahren 2014/2015 funktionieren in diesem Mode einwandfrei, bei älteren Blitzen kann, aber muß dieser Mode nicht zwangsläufig funktionieren. Im Internet gibt es zahlreiche Berichte zu diesem Thema und den verschiedensten Blitzgeräten.
Funkauslöser
Das entfesselte Blitzen über Auslöseblitz wird zum Problem, wenn man bei hellem Tages- oder gar Sonnenlicht zusätzlich mit dem Blitz arbeiten möchte. Das einfallende Licht verhindert oft, dass der zusätzliche Blitz das Auslöselicht nicht erkennen kann. Hier wird die Anschaffung von Funkauslösern zum Rettungsanker.
Links: Preiswert, aber durchaus brauchbar – die absolute „Billigvariante“ eines Funkauslösers und Empfängers. Hier wurde nicht nach Schönheit, sondern nach Zweckmässigkeit eingekauft. Der Auslöser wird zusätzlich auf den TTL-Auslöser von Meike gesteckt und die preiswerten Empfänger zünden in einem Multiblitzsystem manuelle Blitze mit. Spart Geld und funktioniert einwandfrei.
Sie sind unabhängig von Lichtverhältnissen und funktionieren deutlich präziser, als alle „Sichtlösungen“. Es gibt zahlreiche Hersteller von Funkauslöse-Sets und zu diesem Thema findet man Videos und Anleitungen im Netz, die Vor- und Nachteile der angebotenen Produkte beleuchten.
Ist ein Funkauslöser am Blitzgerät angeschlossen, ist es erforderlich, beim Blitzgerät in den M-Modus zu wechseln, da hier wieder die Kamera mittels Funksignal selbst den Auslösepunkt bestimmt und der Blitz nicht als Sklave einer anderen Lichtquelle arbeitet.
Damit sind fast alle (sinnvollen) Aspekte zum blitzen mit einem manuellen Blitzgerät aufgeführt. Die Technik entwickelt sich rasant weiter und es ist abzusehen, dass in zukünftigen Geräten weitere Möglichkeiten für den Blitzeinsatz hinzukommen. Eines ist aber jetzt schon klar – mehr Funktionen bedeuten auch kompliziertere Menüs und mehrfach belegte Tasten und Schalter. Ob das sinnvoll ist, wird die Nachfrage entscheiden.
Rechts: Teurere Alternative, aber auch wesentlich umfangreicher in der Funktion, dazu i-TTL und HSS fähig – die Meike MK-RC10N Funkauslöser. Man kann jedes Gerät als Sender oder Empfänger konfigurieren – und damit ist die Combo, wie auch z. B. die YongNuo YN-622, als Fernauslöser nutzbar, falls kein Blitz notwendig ist. Einfach praktisch.
Zum (guten) Schluss – alte Schätze
Wie auch bei den Objektiven, kann man durchaus auf dem Flohmarkt das eine oder andere Blitzgerät für wenige Euro erstehen. Auch wenn es vordergründig funktioniert, bedeutet es nicht, dass es auch in einem vorhandenen Blitzsystem seine Aufgabe einwandfrei erfüllt. Hinzu kommen technische Inkompatibilitäten, die im schlimmsten Fall auch zur Zerstörung der Kameraelektronik führen kann.
Grundsätzlich ist aber ein manueller Blitz mit Mittenkontakt geeignet, in einem entfesselten System über den Funkempfänger zu arbeiten. Aber Vorsicht bei dem Gebrauch direkt auf der Kamera. Viele ältere Blitze erzeugen hohe Triggerspannungen auf den Mittenkontakt und im schlechtesten Fall hat die interne Kameraelektronik ihr Leben für immer ausgehaucht. Um jeglichen potentiellen Schaden an der Kamera auszuschließen, sollte man Blitzgeräte der pre-Digital-Ära gar nicht erst aufstecken – digitale Blitze (ca. 20 Jahre und jünger) sollten auf Grund ihrer niedrigen Triggerspannung keine Probleme bereiten. Gehört man zu den Wagemutigen unserer Gesellschaft oder liegt noch ein nicht benötigter Body mit Spiegelschaden oder ähnlichen mechanischen Einschränkungen irgendwo im Weg herum, hilft eventuell die nachfolgende Tabelle weiter, in der viele ältere Blitzgeräte auf ihren eventuellen Einsatz mit Canon-Digitalkameras geprüft wurden.
http://www.botzilla.com/photo/strobeVolts.html
Artikel von Jürgen Olejok für photomatik.de /© 2016