Das letzte Kapitel zum Thema Altglas an der Sony A7 kann nicht mehr als objektive Empfehlung betrachtet werden, denn die individuelle Vorliebe für die legendären „Minolta-Farben“ ist stark subjektiv geprägt und kein allgemein gültiges Qualitätsmerkmal. In Bezug auf Abbildungsqualität und Schärfe sind aber alte Minolta-Gläser schon eine sichere Bank und stehen den berühmten Outperformern von Nikon, Canon, Takumar und Zeiss nicht viel nach.

Natürlich ist nicht jedes Minolta-Objektiv aus der analogen Ära auf einer modernen DSLM zu empfehlen und gerade gegen Ende des chemischen Films, Mitte der Neunziger, waren die durch Sparzwang in der Produktion und der Einführung kostensenkender Materialien wie Plastik statt Metalle, gefertigten „Objektive“ selbst bei dieser Firma nicht einmal annähernd gut. Scherbe oder Flaschenboden waren die gängigsten Begriffe für die Plastikbecher und der Name Minolta verlor einiges an Reputation. Das unrühmliche Ende der Ära Minolta im Bereich Objektive wurde dann mit Konica besiegelt. Kein ernstzunehmender Fotograf baute eine Minolta-Konica Linse an seine Kamera, sondern wechselte zu dieser Zeit dann komplett zu Canon oder Nikon.

Die Geschichte

Dabei hat die Geschichte von Minolta im Bereich Objektive durchaus seine Höhepunkte. Einer davon ist die Entwicklung der ersten Autofokus-Systeme bei Kameras und Objektiven, die eine Zeitenwende im Bereich der Fotografie hervor brachte. Autofokus war das angesagte Feature Mitte der Achtziger und Minolta in Sachen Umsetzung und Fertigung allen anderen Kameraherstellern um Längen voraus. Eine andere, heute kaum noch beachtete Meisterleistung in der Objektivtechnik, waren die SLR- Zoom-Objektive von Minolta. Zwar ist für die Erfindung dieser Objektiv-Gruppe die Firma Voigtländer zu nennen, aber Minolta machte sich sehr früh, vor allen anderen Weltmarkt-Herstellern, an die Arbeit, diese Zoom-Technik zu verbessern. Als die Firma Leica für ihre Kameras ebenfalls Zoom-Gläser anbieten wollte, aber mangels Erfahrung und Produktionsmöglichkeiten keine Eigenen herstellen konnte, wurde eine Partnerschaft mit Minolta geschlossen. Diese Partnerschaft begrenzte sich aber nicht nur auf den Zoom-Bereich, sondern viele Festbrennweiten von Minolta sind mit den entsprechenden Leica-Objektiven der Summicron-, Summarit- und Elmarit-Serie nicht nur eng verwandt, sondern teilweise baugleich. Lediglich Äusserlichkeiten unterscheiden viele Minolta-Gläser aus dieser Epoche von Leica-Objektiven. Zu dieser Zeit war Minolta auf dem Gipfel der Objektivtechnik angekommen – Fertigungspräzision und Leica-Berechnungen erzeugten Objektive, deren Ruf legendär wurde.

Das (fast) fertige Line-up meiner Minolta-Glas Sammlung. Eine Brennweite fehlt noch, aber die wird früher oder später ihren Weg in meinen Fotorucksack finden. Diese beiden Zooms und die drei Festbrennweiten sind Garanten für scharfe und kontrastreiche Fotos und füttern mit etwas abblenden den Sensor einer modernen KB-DSLM perfekt.

 

Eine weitere Meisterleistung, die Minolta-Objektive ab Ende der sechziger Jahre auszeichnete, waren die Glasbeschichtungen, welche primär die negativen Eigenschaften der Glaslinsen wie Flairanfälligkeit, durch Reflexionen entstehendes Streulicht innerhalb des Objektivs und chromatische Aberationen eindämmen sollten. Diese, in sehr aufwändigen Prozessen und dadurch teuren Verfahren entwickelten Beschichtungen, waren zwar nicht immer zielführend, sorgten aber im Nachhinein für ein Phänomen, das die Fotografen der damaligen Zeit begeisterte – die Minolta-typischen Farben. Kein anderer Objektiv-Hersteller konnte die patentgeschützten Beschichtungen nachbauen und selbst die größten Kamera-Firmen schaftten es nie, eine nur ähnliche Farbabbildung zu entwickeln. Konica-Minolta, die durch den Zusammenschluß auch die Patentrechte für die Beschichtungen besaß, verzichtete bei vielen der damals gefertigten Objektiven bereits auf diese Beschichtung und setzte sie am Ende gar nicht mehr ein. Der Grund dafür ist vielleicht aus wirtschaftlicher Sicht verständlich, sorgte aber nach Meinung von Fachleuten auch für das schneller Ende der Objektiv-Abteilung – die Kosten für die „Glas-Veredlung“ waren zu hoch und der Erfolg von digitalen Kameras und der Möglichkeit, die Bilder im Post-Prozeß auch farblich zu bearbeiten, beendeten die Ära der Minolta-Farben.

Entscheidungsprozess

Die Überlegung, statt der nativen Objektive auf ältere Gläser zurück zu greifen, hat nicht nur finanzielle Gründe, denn einige der ins Auge gefassten Minolta AF-Gläser sind nicht gerade preiswert oder billig. Es ist die Entscheidung, wie und was man zukünftig fotografieren will und welchen Gesamtlook die Aufnahmen haben sollen. In einer Zeit, in der täglich Milliarden von Aufnahmen ins Netz geladen und bei Facebook, Instagramm und anderen Social-Media Plattformen veröffentlicht werden, muß sich der ambitionierte Fotoamateur von der Masse unterscheiden. Neben der Motivwahl entscheidet der Bildlook, ob ein Foto als gut oder aussergewöhnlich eingestuft wird – und gut ist in diesen Zeiten schon der erste Verlierer. Wie schon in einem anderen Beitrag erwähnt, lässt sich der Minolta-Look im Nachbearbeitungsprozeß relativ schnell herausfiltern, aber selbst mit der besten Software und aufwändiger Bearbeitung (die man dann auch sieht), nicht reproduzieren. Er ist und bleibt in der Fotowelt einmalig.

Aber wenn schon Minolta – Farben, weshalb dann nicht die allseits beliebten und an DSLM´s anerkannten MD/MC Rokkor, sondern die AF-Serie mit A-Mount? Dafür gibt es mehrere Gründe, wobei ein besonders wichtiger Fakt im Fokus steht – die Fertigungsqualität der ab 1985 bis Ende 1988 hergestellten Objektive. Sie sind gut verarbeitet, haben eine überragende Haptik, bilden scharf ab und besitzen ausnahmslos die spezielle Beschichtung, auf die es ankommt. Zum zweiten funktionieren sie am LA-EA4 Adapter einwandfrei im AF-Modus. Zwar ist die AF-Funktion kein primärer Grund, wenn man 90 Prozent seiner Aufnahmen manuell fokussiert, aber ein Goodie ist es allemal. Zum dritten ist es das Design, das sich von der vorherigen Rokkor-Serie wohltuend abhebt. Die AF-Serie sieht einfach moderner aus und macht sich an einer Sony-DSLM sehr gut. Als letzte Entscheidungshilfe dient die Haltbarkeit dieser Objektiv-Serie. Alle Gläser ab 50mm Brennweite sind gebaut wie ein Panzer; die Normalbrennweiten und die WW´s besitzen trotz Plastikverschalung einen Tubuskörper aus Metall.

Erfahrungen

Bild Links: Die drei Neuen im line-up: Das 24mm/2.8, das 35-105/3.5-4.5 Zoom und das 100mm/2.8 Macro von Minolta. Sie ergänzen vorzüglich die bereits vorhandenen Gläser und decken die bei Landschafts- und Architekturfotografie erforderliche Brennweite gut ab. Das 100mm Macro ist schon ab Offenblende extrem scharf und im Macrobereich ein echter Outperformer. Das 24mm und das Zoom sind ab Blende 5.6 bis an den Rand scharf und bringen, neben dem Minolta-Look, eindrucksvollen Kontrast und Dynamik auf die Aufnahme.

 

Zu diesen, für die Auswahl entscheidenden Faktoren, kommt natürlich die eigene Erfahrung mit den bereits angeschafften (und hier schon vorgestellten) Objektiven dieser Baureihe ins Spiel. Das 70-210/f4 ist eine sichere Bank, wenn es von 80-160mm eingesetzt wird. Superscharf und in den anderen Bereichen immer noch sehr gut. Das 50mm 2.8 Makro ist ebenfalls ein echter Outperformer in Sachen Schärfe und Abbildungsqualität.

Was aber beachtet werden sollte ist der Einsatzbereich der ins Auge gefassten Objektive. Die „Regel“, die bei älteren Prime-Objektiven an DSLM´s oft funktioniert, lautet: doppelter Wert der Offenblende = Beginn der maximalen Schärfe über den kompletten Bildbereich. Bei Landschaft-, Architektur- und Nachtfotografie sind schnelle Gläser nicht unbedingt ein Muß. Ein viel wichtigerer Faktor ist Kontrast und Dynamik. Und diese beiden Eigenschaften sind bei der ersten Serie der AF-Modelle von Minolta definitiv vorhanden. Was fehlt, ist der obligatorische Blendenring, den die Rokkor-Generation noch besitzt. Dieser ist bei den AF-Objektiven nicht vorhanden. Aber bevor jetzt Panik aufkommt – es gibt SELBSTVERSTÄNDLICH einen Adapter, der das manuelle Einstellen der Blende ermöglicht, falls man nicht das Geld für einen LA-EA4 Adapter von Sony ausgeben möchte. Kommt von der Fa. Quenox und kostet ca. 20 €. Zwar fehlt bei der Blendenwahl die gewohnte Rasterung, aber dafür bekommt man die Möglichkeit, durchgehend die Blende ohne eine begrenzte Anzahl von Schritten einzustellen.

Zoom-Objektiven der ersten AF-Serie besitzen eine Besonderheit – die sehr hohe Naheinstellgrenze von bis zu 150 Zentimeter z. B. beim 35-105mm. Dieser „Nachteil“ hat aber einen besonderen Grund. Damit heutige Zooms mit wesentlicher geringer Naheinstellgrenze funktionieren, muß das Objektiv stark korrigiert werden. Jede Art der Korrektur bedeutet aber auch mehr Streulicht und geringeren Kontrast. Das Ziel bei der Konstruktion des 35-105mm und des 28-85mm war die fast prime-taugliche Abbildungsleistung, die man zu dieser Zeit nur erreichte, wenn so wenig wie möglich korrigiert wurde. Heutige Techniken und Berechnungen von Zoom-Objektiven haben die Naheinstellgrenze auf ein Drittel verkürzt, ohne an Kontrast einzubüßen. Wenn das 35-105er, sowie das 28-85 Zoom nicht für closeup´s genutzt werden, ist dieser Nachteil eher von sekundärer Bedeutung. Als „Immerdrauf“, wegen des Gewichts (La-EA4 plus Objektiv), sind beide Objektive zwar grenzwertig, aber in hohem Maße nutzbar.

Preise

Preise für gut erhaltene Minolta AF-Objektive der ersten Generation sind nicht gerade im Schnäppchen-Bereich zu finden. Je besser sie aussehen und je weniger sie benutzt wurden, desto teurer sind sie. Aber man sollte keine „Mondpreise“ bezahlen, denn es kann bei aller Liebe für Minolta-Glas nicht Sinn der Sache sein, den gleichen Betrag zu investieren, wie bei einem neuen nativen Objektiv. Über 700 € für ein 35mm/1.4 zu bezahlen ist absoluter Blödsinn, denn es gibt für den Preis aktuell bessere Linsen, die wesentlich schärfer schon ab Offenblende abbilden. Hier sollte man die Kirche im Dorf lassen, zumal irgendwann sich sowieso native Objektive dieser Brennweite in der Sammlung einfinden werden. Im Gegensatz dazu ist ein 100mm/2.8 prime für ca. 200 € eine durchaus überlegenswerte Alternative zum nativen Modell für den mehrfachen Preis. Es kommt halt immer darauf an, was einem der spezielle Look wert ist.

Fazit

Eine Objektivserie, die einen einzigartigen und speziellen Look liefert, KANN und DARF nur eine Erweiterung des Objektivparks sein und sollte vorhandene, im Bildlook eher unverfälscht abbildende, Gläser ergänzen. Geht man mit dieser Prämisse auf die Suche nach „seinem“ Bildstil, sind die Minolta-Objektive ab der Rokkor-MC-Serie grundsätzlich eine Überlegung wert. Wenn es ein wenig mehr Luxus sein darf, sind die Linsen der ersten AF-Serie von Minolta vorzuziehen, denn sie bieten alle Bildeigenschaften der älteren MC-Objektive, besitzen einen hohen Qualitätsstandart und Autofokus als zusätzliches Kaufargument.
Für Interessierte, die sich mit diesen Objektiven etwas intensiver befassen und sich über die technischen Daten bzw. Meinungen zu Minolta-Glas informieren wollen , hier der Hinweis auf die Webseiten dyxum.com (englisch) und artaphot.ch (deutsch). Als primäre Anlaufstelle immer einen Klick wert.
Die erste Minolta AF-Serie erkennt man übrigens am fein geriffelten Gummiring des Objektivs und wird allgemein als „Ofenrohr-Generation“ bezeichnet. Spätere Modelle, vor allem die Plastik-Ausgaben, haben einen wesentlich breiteren Gummiring und auch eine breitere Riffelung.

Nachtrag

Mit diesem Artikel endet die Serie zum Thema Altglass für Sony A7 und ich hoffe, dass ich dem Einen oder Anderen ein paar wichtige Tips für seine (Aus)Wahl geben konnte. Zwar folgen noch in den kommenden Monaten Beiträge, die sich (auch) mit älteren Objektiven auseinander setzen (Objektivvergleiche, Testshots und ähnliches), aber über die Möglichkeiten, Altglas an der A7 zu nutzen, ist imho alles an notwendigen Information geschrieben. Speziell dieser Beitrag ist KEINE objektive Empfehlung, weil die Wünsche und Anforderungen an Altglas-Eigenschaften extrem variieren. Zeiss-Fans wollen den berühmten „Zeiss-POP“, Leica-Jünger bevorzugen oft die Weichheit ihrer Summicron- und Summarit-Linsen. Jeder muß halt für sich entscheiden, welche primäre Anforderung er bevorzugt. Eines haben aber alle Adapter-Junkies und Altglas-Freaks gemeinsam – sie suchen nach Objektiven, die einen eigenen Charakter besitzen. Eine Eigenschaft, die Objektiv-Hersteller heutzutage zugunsten von immer mehr porentiefer Schärfe und schnellerem Autofokus komplett vernachlässigen. Wenn aber alle Hersteller den gleichen Bildlook liefern, ist es egal, welcher Firma der potentielle Käufer den Vorzug gibt. Dann entscheidet nur noch der Preis. Ist es tatsächlich DAS, was die Hersteller wollen?

Wer übrigens mit dem Begriff „Minolta-Farben“ gar nichts anfangen kann, dem empfehle ich den folgenden Link zu einem YouTube-Video von Jason Lanier (Teil 1 / Teil 2), der mit dem 50mm/1.7 und dem BeerCan 70-210/f4 ein professionelles Foto-Shooting bestritten hat. Hier wird eindrucksvoll deutlich, was es mit den Minolta Farben auf sich hat.

Nachtrag 2 / 2020

Zum Thema Minolta AF Objektive gab es enorm viele Anfragen, ob die Abbildungsqualität der einzelnen Gläser, auch im Vergleich zu aktuellen Objektiven verschiedener Marken wie Sigma oder Tamron, heute noch mithalten kann. Da Fotos für sich selbst sprechen, wird dieser Artikel um ein Minolta AF Spezial erweitert und aufgenommene Fotos der mir zur Verfügung stehenden Objektive veröffentlicht. Die Fotos stehen, lediglich mit Lightroom automatisch von chromatischen Aberrationen befreit, unbearbeitet und in voller Auflösung inkl. einiger Crops in der unter dem Beitrag befindlichen Galerie dem Betrachter zur Verfügung. Hier kann pixelgepiept werden und jeder selbst entscheiden, ob das vorgestellte Objektiv eine sinnvolle Ergänzung zur eigenen Objektivsammlung sein könnte. Die nachfolgenden Links, welche nach und nach erweitert werden, führen direkt zu den Beiträgen der Objektive.

Ein Artikel von Jürgen Olejok / 2018/2020

 

Minolta AF 70-210 f4

Minolta AF 28-135 f4-4.5